Begleitete Berufsorientierung in Niedersachsen

Die begleitete Berufsorientierung für jugendliche Flüchtlinge besteht aus drei Bausteinen: einer Kompetenzfeststellung, einer regionalen Prozessbegleitung und einem sprachförderlichen Curriculum.

Ein afroamerikanischer junger Mann kürzt eine Übergangsschiene mit einer Maschine. Der Ausbilder schaut ihm zu.
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Laufzeit: 01.08.2016 bis 15.08.2019

Für die Integration von jugendlichen Geflüchteten in Ausbildung hat das Niedersächsische Kultusministerium an den öffentlichen berufsbildenden Schulen neben den bestehenden Sprachförderklassen (BVJ-A) das zunächst bis zum 31.07.2019 befristete Sprach- und Integrationsprojekt (SPRINT) aufgelegt. Als eine zweijährige Integrationsmaßnahme konzipiert, verfolgt SPRINT das Ziel, zugewanderte Jugendliche möglichst schnell und intensiv mit der deutschen Sprache und dem Kultur- und Berufsleben vertraut zu machen sowie im zweiten Jahr mittels Einstiegsqualifizierung (EQ) an eine duale Berufsausbildung heranzuführen.

Das Konzept von SPRINT-Dual, dem zweiten Jahr des SPRINT-Projektes, sieht vor, dass die Jugendlichen einen Teil des Projektes in der berufsbildenden Schule (1,5 Wochentage) absolvieren und einen größeren Teil im Betrieb (3,5 Wochentage). Die Einbeziehung der Betriebe erfolgt mit Unterstützung der Bundesagentur für Arbeit im Rahmen der geförderten Einstiegsqualifizierung (EQ – Langzeitpraktikum und Perspektive auf Übernahme in eine Ausbildung), damit die Vermittlung der jungen Geflüchteten in Ausbildungsbetriebe bestmöglich unterstützt wird.

Um ein passgenaues Matching zwischen zugewanderten Jugendlichen und EQ-Plätzen bzw. Ausbildungsplätzen zu befördern, wurden in Niedersachsen im Rahmen des Bildungsketten-Projektes „Begleitete Berufsorientierung für jugendliche Flüchtlinge“ drei flankierende Instrumente eingeführt:

  1. das Kompetenzfeststellungsverfahren komPASS³,
  2. die regionale Prozessbegleitung und
  3. ein sprachförderliches Curriculum zur beruflichen Orientierung und zur Berufsvorbereitung (IdA-Projekt).

Die Einführung und die wissenschaftliche Evaluierung von komPASS³ und der regionalen Prozessbegleitung werden vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Sie wurden im Rahmen der Bildungsketten-Initiative mit dem Land Niedersachsen vereinbart.


Zielgruppe

Zielgruppe der begleiteten Berufsorientierung sind Schülerinnen und Schüler des Sprach- und Integrationsprojektes (SPRINT) für jugendliche Flüchtlinge im Alter von 16 bis 21 Jahren, die eine duale Ausbildung anstreben.


Durchführung

Baustein 1: Kompetenzfeststellungsverfahren

Drei junge Männer und eine junge Frau bauen eine Konstruktion aus Holz zusammen.

Zum Einsatz kommt das in Niedersachsen von der Werk-statt-Schule Hannover e. V. entwickelte komPASS³-Verfahren. Dieses ist ein dreitägiges sprach- und kultursensibles Verfahren, das neben einem computergestützten Test handlungsorientierte Beobachtungsaufgaben und eine Reflexionsphase beinhaltet. Hierbei liegt der Fokus auf beruflich relevanten Kompetenzen und Interessen.

Das Kompetenzfeststellungsverfahren findet am Ende (spätestens zwei Monate vor dem Ablauf) des Bildungsganges SPRINT statt und wird insgesamt ca. 5.000 jugendlichen Geflüchteten angeboten. Die Ergebnisse geben Aufschluss darüber, welche beruflichen Fachrichtungen in SPRINT-Dual am besten zu den jeweiligen Jugendlichen passen, und liefern den Lehrkräften Hinweise, wie die Jugendlichen individuell gefördert werden können.

Das Verfahren ermöglicht es den Beobachtenden, einen unvoreingenommenen Blick im Sinne einer „kontrollierten Subjektivität“ einzunehmen. Entgegen rein messenden Beurteilungen und Verfahren bietet sich mit komPASS³ die Möglichkeit, die subjektiven Sichtweisen und Erfahrungen junger Zugewanderter zu berücksichtigen.

Die Einführung von komPASS³ wurde von der Leibniz Universität Hannover wissenschaftlich evaluiert. Der wissenschaftlichen Evaluation zufolge entspricht das dreitägige Kompetenzfeststellungsverfahren komPASS³ in seiner Konzeption den vom BMBF vorgegebenen Qualitätsstandards und ist entsprechend dafür geeignet, die beruflich relevanten Kompetenzen der jungen Geflüchteten zu ermitteln und somit Zuweisungsentscheidungen in SPRINT-Dual zu unterstützen.


Baustein 2: Regionale Prozessbegleitung

Als Schnittstelle zwischen berufsbildenden Schulen, Kammern, Betrieben und der Agentur für Arbeit bzw. den Jobcentern unterstützen die fünfzehn regionalen Prozessbegleiterinnen und Prozessbegleiter den Übergang der jugendlichen Flüchtlinge von SPRINT in SPRINT-Dual. Die Ergebnisse des Kompetenztests komPASS³ dienen dabei als Orientierung.

Eine regionale Prozessbegleitung betreut durchschnittlich sieben Schulen. Die Prozessbegleitung initiiert und stärkt regionale Netzwerke zur Integration von zugewanderten Jugendlichen in betriebliche Praktika bzw. in eine Ausbildung.

Um die berufsbildenden Schulen bei der individuellen Betreuung und Beratung der zugewanderten Jugendlichen zusätzlich zu den schulischen Sozialpädagoginnen und -pädagogen zu unterstützen, bringt die regionale Prozessbegleitung die Schulen mit den Partnern des jeweiligen regionalen Netzwerks zusammen, wie z. B. den ehrenamtlichen Senior Expertinnen und Experten der Initiative VerA, den KAUSA Servicestellen und den vom Land Niedersachsen geförderten überbetrieblichen Integrationsmoderatorinnen und Integrationsmoderatoren. Die Prozessbegleiterinnen und -begleiter stellen darüber hinaus die Verzahnung mit den Bundesprogrammen „Berufsorientierung für Flüchtlinge“ (BOF) und „Passgenaue Besetzung“ (Willkommenslotsen) sicher. Mit der Durchführung und Koordination des Teilprojektes „Regionale Prozessbegleitung“ wurde die Bietergemeinschaft Bildungswerk der Niedersächsischen Wirtschaft und Arbeit und Leben beauftragt.

Die Nachhaltigkeit des Projektes wird durch die Netzwerke gesichert, die mit Hilfe der Prozessbegleiterinnen und -begleiter innerhalb der Projektlaufzeit aufgebaut worden sind.


Baustein 3: Sprachförderliches Curriculum zur beruflichen Orientierung und zur Berufsvorbereitung

Als Voraussetzungen für die Teilnahme am Kompetenzfeststellungsverfahren, eine anschließende Einmündung in eine EQ sowie für deren erfolgreichen Verlauf benötigen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer detaillierte Informationen über die Möglichkeiten und Anforderungen einer (dualen) Berufsausbildung sowie die Vermittlung von berufsbezogenen Deutschkenntnissen. Um die beteiligten Schulen dabei zu unterstützen, wird ab dem Schuljahr 2016/2017 im Rahmen des ESF-Innovationsprojektes „Integration neu zugewanderter Jugendlicher durch Sprachbildung, Ausbildungsvorbereitung und betriebliche Erfahrung“ (IdA) ein sprachförderliches kompetenzorientiertes Curriculum nebst Handreichungen entwickelt und an vier berufsbildenden Schulen erprobt.


Bisherige Erfahrungen

Etwa 100 berufsbildende Schulen mit bisher über 6.500 Schülerinnen und Schülern nehmen an dem Schulversuch teil. Die Erfolgsquote liegt bei etwa 50 Prozent: Etwa die Hälfte der Schülerinnen und Schüler, die SPRINT-Dual erfolgreich durchlaufen haben, wurden in eine Ausbildung vermittelt.


Weitere Informationen zur Begleiteten Berufsorientierung in Niedersachsen

Infoartikel zur Begleitenden Berufsorientierung in Niedersachsen auf www.ueberaus.de

Kontakt

Kultusministerium Niedersachsen
Referat 41
Elena Sannwald
Tel.: 0511 / 120 - 7359
E-Mail: Elena.Sannwald@mk.niedersachsen.de
URL: www.mk.niedersachsen.de

Produktionsschule Plus in Mecklenburg-Vorpommern

Das Projekt „Produktionsschule Plus“ unterstützt junge Asylbewerberinnen und ‑bewerber sowie Migrantinnen und Migranten dabei, sich sozial zu integrieren, die Sprachkenntnisse zu verbessern und eine berufliche Ausbildung aufzunehmen.