Informationen für Eltern

Ihr Kind hat keine Ahnung, was es mal werden will? Die Auswahl ist groß: In Deutschland gibt es etwa 450 Ausbildungsberufe und mehr als 20.000 Studiengänge. Doch welcher Weg ist der richtige? Mit dem Berufsorientierungsprogramm geht Ihr Kind einen ersten Schritt in Richtung Wunschberuf.

Mädchen mit seinen Eltern im Hintergrund
© Juanmonino / Getty Images

Sie als Mütter und Väter spielen bei der Berufsorientierung Ihres Kindes eine wichtige Rolle. Sie sind sein Vorbild, Gesprächspartner und Unterstützer auf dem Weg in ein erfolgreiches und zufriedenes Berufsleben. Ihr Kind ist in der siebten oder achten Klasse und nimmt am Berufsorientierungsprogramm teil? Hier erfahren Sie, was Ihr Kind erwartet und wie Sie es bestmöglich unterstützen können.

Berufsorientierungsprogramm, das bedeutet: Weg von der Schulbank – ab jetzt wird selbst geschraubt, lackiert, getüftelt und verkabelt. Der Ablauf: In den ersten zwei Tagen löst Ihr Kind verschiedene Aufgaben und lernt dabei seine persönlichen Stärken besser kennen. Danach schnuppert es zwei Wochen lang in verschiedene, zu seinen Stärken passende Berufsbereiche hinein, gewinnt eine konkretere Vorstellung vom Berufsalltag und merkt dabei: „Ich kann das!“


 Teil 1: Stärken erkunden in der Potenzialanalyse

Kennen Sie alle Talente Ihres Kindes – auch jene, die noch im Verborgenen schlummern? In der sogenannten „Potenzialanalyse“ werden genau diese Begabungen aufgespürt. „Darin bin ich gut!“ – Mit dieser Erkenntnis ist Ihr Kind seinem zukünftigen Wunschberuf bereits einen Schritt nähergekommen.

Die Potenzialanalyse läuft spielerisch ab: Die Jugendlichen lösen verschiedene Aufgaben und werden dabei von geschulten pädagogischen Fachkräften begleitet. Im Anschluss findet ein persönliches Gespräch zwischen dem Jugendlichen und einer der pädagogischen Fachkräfte statt. Sie als Eltern sind herzlich eingeladen, an diesem Gespräch teilzunehmen.

Aufgaben der Potenzialanalyse

Wie finde ich mit anderen im Team eine gemeinsame Lösung für ein Problem? Übernehme ich Verantwortung und arbeite ich sorgfältig? Bin ich vielleicht besonders schnell oder geschickt? Kann ich mich gut organisieren und gebe nicht zu früh auf? Bei den Aufgaben der Potenzialanalyse geht es nicht um schulische Leistungen, sondern um Herausforderungen, denen jeder Mensch in Alltag und Berufsleben begegnet.

Zwei Schüler bei einer Übung der Potenzialanalyse. Sie halten Kordel  mit ihren Zeigefinger an einer Stuhllehne fest.
© BIBB/BOP, Fotograf: Robert Funke

Ein Beispiel: Die Aufgabe „Brückenbau“ besteht darin, eine Brücke zwischen zwei Stühlen zu bauen, die stabil genug ist, um einen Büroordner zu tragen. Als Material stehen Kordel, Schaschlik-Spieße und Klebeband zur Verfügung, und die Gruppe hat 20 Minuten Zeit.

Wie die Jugendlichen die Brücke konstruieren, bleibt ihnen selbst überlassen – sie müssen in der Gruppe eine Lösung finden. Je nach Übung werden verschiedene Verhaltensmerkmale beobachtet. In der Brückenbau-Übung geht es um die Merkmale Teamfähigkeit und Problemlösefähigkeit.

Die Erfahrungen mit den Übungen werden im Anschluss gemeinsam besprochen und Schlussfolgerungen über die Fähigkeiten und Stärken der Jugendlichen abgeleitet.

In weiteren Übungen planen die Jugendlichen zum Beispiel die perfekte Route eines Pizzalieferanten, diskutieren über das geeignete Equipment für einen Marsch über den Mond oder konstruieren eine Schutzhülle, mit der ein Ei unbeschadet aus zwei Metern Höhe auf den Boden fallen kann. In anderen Übungen wird darauf geschaut, welche Fähigkeiten und Interessen die Jugendlichen schon in Schule, Familie und Freizeit gesammelt haben und in einen späteren Beruf einbringen können.

Das persönliche Feedback zur Potenzialanalyse

Einer Schüler mit seiner Mutter beim Feedbackgespräch. Ihnen gegenüber sitzt der Ausbilder.
© BIBB/BOP, Fotografin: ANNEGRET HULTSCH Photography

Aus den Ergebnissen der Potenzialanalyse leiten die Expertinnen und Experten Empfehlungen zur individuellen Weiterentwicklung der Jugendlichen ab und unterstützen sie bei der Auswahl geeigneter Berufsfelder.
Das abschließende Reflexionsgespräch regt die Schülerinnen und Schüler an, über ihre persönlichen Stärken und mögliche berufliche Perspektiven nachzudenken. Sie schätzen sich selbst ein und erhalten stärkenorientierte Rückmeldungen von den pädagogischen Fachkräften zu ihren Eindrücken aus der Potenzialanalyse.

Vielen Mädchen und Jungen wird an dieser Stelle bewusst, dass sie ihre weitere berufliche Entwicklung selbst beeinflussen und gestalten können. Das kann sich auch positiv auf die Motivation auswirken, sich in der Schule zukünftig stärker zu engagieren. Auch geeignete Praktika werden im Gespräch thematisiert.

Sie als Eltern sind herzlich eingeladen, bei dem Feedback-Gespräch Ihres Kindes dabei zu sein. Sie werden erstaunt sein, von welchen Talenten Ihres Kindes Sie noch gar nichts wussten! Sprechen Sie die Schule Ihres Kindes an und erfragen Sie den Termin!

Zusätzlich zu dem Gespräch erhält jede Schülerin und jeder Schüler einen schriftlichen Bericht, der die persönlichen Ergebnisse zusammenfasst.

Hinweis: In einzelnen Bundesländern kann die Bezeichnung der Potenzialanalyse oder ihr Ablauf von der vorangegangenen Beschreibung abweichen. Der Nutzen für Ihr Kind ist aber stets derselbe.


Teil 2: Praxis erfahren in den Werkstatttagen/BO-Tagen

Hat Ihr Kind schon einmal selbst Fliesen verlegt, einen Computer verkabelt oder eine Gruppenstunde für Kinder geplant? In den Werkstatttagen/BO-Tagen krempeln die Schülerinnen und Schüler die Ärmel hoch und testen aus, welche Berufsfelder ihnen Spaß machen.

Am Ende der Werkstatttage erhält Ihr Kind ein Zertifikat, in dem steht, welche Berufsbereiche es kennengelernt hat. Dieses Dokument kann sehr hilfreich bei der Bewerbung für ein Berufspraktikum sein: Der Betrieb sieht, dass der Jugendliche bereits einen Einblick in das Berufsfeld hatte und Interesse mitbringt. So kann man im Anschreiben darauf eingehen und der Bewerbung eine Kopie des Zertifikats beilegen.

Das Zertifikat sollte sorgfältig aufbewahrt werden – zum Beispiel im Berufswahlpass oder in einem anderen Dokumentationsinstrument.

Hinweis: In einzelnen Bundesländern kann der Ablauf der Werkstatttage von der vorangegangenen Beschreibung abweichen. Der Nutzen für Ihr Kind ist aber stets derselbe.

Eine weiße Bewerbungsmappe darauf liegt ein gelbes Blatt sowie ein Zertifikat.
© BIBB/BOP

Hinweis: In einzelnen Bundesländern kann der Ablauf der Werkstatttage von der vorangegangenen Beschreibung abweichen. Der Nutzen für Ihr Kind ist aber stets derselbe.


So profitiert Ihr Kind vom Berufsorientierungsprogramm

Nimmt Ihr Kind am Berufsorientierungsprogramm – also an der Potenzialanalyse und den Werkstatttagen/BO-Tagen – teil, so kann es …

  • die Vielfalt der beruflichen Möglichkeiten entdecken,
  • einen realistischen und praktischen Einblick in einzelne Berufsfelder gewinnen und erfahren, wie sich einzelne Berufe „anfühlen“,
  • seine persönlichen Stärken besser kennenlernen und selbstbewusster werden,
  • seine Innen- und Außenwahrnehmung abgleichen durch das Feedback eines Experten,
  • Ideen entwickeln, wo es ein Praktikum absolvieren könnte,
  • verstehen, warum sich Anstrengungen in bestimmten Schulfächern besonders lohnen (wer z. B. Maler werden will, muss gut in Mathe sein),
  • durch mehr Motivation in der Schule bessere Leistungen erzielen
  • und irgendwann – das muss aber natürlich noch nicht jetzt sein – die richtige Berufswahl treffen.
     

Organisatorische Informationen

Durch einen Elternbrief oder einen Informationsabend an der Schule haben Sie erfahren, dass Ihr Kind mit seiner Klasse am Berufsorientierungsprogramm teilnimmt. Hier beantworten wir Ihnen in Kürze die wichtigsten organisatorischen Fragen.

Ansprechpartner

Das Berufsorientierungsprogramm wird in Kooperation zwischen der Schule Ihres Kindes und einer Überbetrieblichen Berufsbildungsstätte oder vergleichbaren Einrichtung in Ihrer Region veranstaltet. Ihre ersten Ansprechpartner sind die Lehrerinnen und Lehrer Ihres Kindes.

Dauer und Ablauf

Zuerst findet immer die zweitägige Potenzialanalyse statt; danach folgen die Werkstatttage/BO-Tage. Beides findet in relativ enger zeitlicher Abfolge statt. Je nach Bundesland könnte es zu Abweichungen bezüglich der Dauer kommen. Über Termine informiert Sie die Schule Ihres Kindes.

Kleidung

Je nach Berufsfeld ist bestimmte Arbeits- oder Sicherheitskleidung erforderlich –zum Beispiel ein Arbeitskittel, Sicherheitsschuhe oder eine Schutzbrille. Ihr Kind wird vor Ort mit allem ausgestattet.

Unterschriften

Bitte unterschreiben Sie als Erziehungsberechtigte die im Vorfeld von der Schule übermittelte Teilnahme- und Datenschutzerklärung, damit Ihr Kind am Berufsorientierungsprogramm teilnehmen kann.


So unterstützen Sie ihr Kind

Ihr Kind braucht Sie bei seiner Suche nach dem richtigen Beruf. Beherzigen Sie die folgenden Tipps, damit Ihr Kind bestmöglich vom Berufsorientierungsprogramm profitiert:

  • Reden Sie mit Ihrem Kind über das, was es bei der Potenzialanalyse und den Werkstatttagen /BO-Tage erlebt. Nehmen Sie sich Zeit, hören Sie zu und fragen Sie nach.
  • Seien Sie Ihrem Kind eine emotionale Stütze: Sprechen Sie mit Ihm darüber, worin es sich noch verbessern kann und möchte.
  • Nachfragen und zuhören, aber nicht bewerten: Versuchen Sie, allen Ideen Ihres Kindes offen gegenüberzustehen.
  • Vorbild sein, aber nicht lenken: Seien Sie vorsichtig, dass Sie nicht Ihre eigenen Interessen, Erfahrungen und Wünsche auf Ihr Kind übertragen. Lassen Sie Ihrem Kind die freie Wahl!
  • Wenn Ihre Tochter sich für ein typisch männerdominiertes Berufsfeld interessiert oder Ihr Sohn für ein frauendominiertes, seien Sie offen dafür. (Nicht etwa sagen: „Schreiner ist doch eher ein Männerberuf.“)
  • Wenn Ihr Kind ein selbst hergestelltes Werkstück mit nach Hause bringt: Schenken Sie dem Gegenstand Beachtung, loben Sie Ihr Kind.
  • Nehmen Sie an den Reflexionsgesprächen nach Potenzialanalyse und Werkstatttagen/BO-Tagen teil, um mehr über die Talente Ihres Kindes zu erfahren.
  • Unterstützen Sie Ihr Kind in der Schule – besonders in den Fächern, die für die entdeckten Berufsfelder wichtig sind.
  • Bewahren Sie die Zertifikate zur Potenzialanalyse und den Werkstatttagen/BO-Tagen sorgfältig auf. Sie können für spätere Bewerbungen um Praktika oder eine Berufsausbildung sehr hilfreich sein.
  • Unterstützen Sie Ihr Kind bei Bewerbungen z.B. für das Schülerpraktikum.


Machen Sie sich selbst einen Eindruck

Sie wollen einen Einblick ins Berufsorientierungsprogramm gewinnen? Neben der Teilnahme am Feedback-Gespräch zur Potenzialanalyse ist es auch möglich, die Werkstatttage/BO-Tage zu besuchen. Vielleicht wird auch ein Tag der offenen Tür angeboten. Erkundigen Sie sich in der Schule Ihres Kindes oder der kooperierenden Berufsbildungsstätte.


Weitere Informationen

Weitere Informationen und Ansprechpartner zur Berufsorientierung Ihres Kindes finden Sie unter folgenden Internetadressen:

Initiative Klischeefrei

Als Eltern kennen Sie die Potenziale Ihres Kindes und Sie haben großen Einfluss auf seine Berufswahlentscheidung. Ermutigen Sie Ihr Kind, dabei auf seine eigenen Bedürfnisse zu achten und sich nicht von Geschlechterklischees einengen zu lassen. Informieren Sie sich, wie Sie Ihr Kind bei der klischeefreien Berufsorientierung unterstützen können.

Planet Beruf 
Planet Beruf ist eine Plattform der Bundesagentur für Arbeit für Eltern, die unter anderem über verschiedene Berufsfelder informiert und Tipps für die Unterstützung Ihres Kindes bei der Berufsorientierung gibt.

Berufswahlpass
Der Berufswahlpass führt wie ein Kompass durch die Berufsorientierung in Richtung Wunschberuf. Er dokumentiert Stärken und hilft, weitere Schritte der eigenen beruflichen Entwicklung zu planen – und bei alldem immer den Überblick zu behalten.

Praktisch unschlagbar
Orientierungshilfe für die Zeit vor, während und nach der Ausbildung bietet das Portal von Praktisch unschlagbar. Und das ganz spielerisch, z.B. mit der „Berufe-City“ oder dem Berufe-Quiz.

Berufenavi
Berufenavi.de hilft bei der Suche nach einem passenden Beruf. Die Plattform bietet eine Übersicht aller Ausbildungsberufe und ermöglicht die Suche nach lokalen Praktikums- und Ausbildungsplatzbörsen.

BERUFE TV
Diese Plattform bietet eine große Sammlung an Videos, in denen bestimmte Ausbildungsberufe genauer vorgestellt werden. Hier kann man sich einen besseren Eindruck über die Tätigkeiten in den einzelnen Berufen verschaffen.

Das Handwerk
Die Rekordpraktikanten Charly und Marvin entdecken verschiedene Handwerksberufe. Neben den Videos gibt es Berufsprofile und einen Lehrstellenradar mit Tipps zu Praktika und Ausbildung.

Azubot
Azubot bietet ca. 200 Filme aus allen Bereichen der Dualen Ausbildung und der Dualen Studiengänge. Außerdem verrät eine Übersicht, wieviel man in den Ausbildungsberufen während der einzelnen Lehrjahre verdient.

Ich mach’s!
Über 400 Filme der Sendung „Ich mach’s“ des ARD Bildungskanals zeigen Berufe im Dualen System, aber auch schulische Ausbildungsberufe. Die Videos sind sehr aussagekräftig, aber manchmal nicht mehr ganz aktuell.

Girls'Day - Mädchen-Zukunftstag
Am Girls'Day öffnen Unternehmen, Betriebe und Hochschulen in ganz Deutschland ihre Türen für Schülerinnen ab der 5. Klasse. Die Mädchen lernen dort Ausbildungsberufe und Studiengänge kennen, in denen Frauen bisher eher selten vertreten sind.

Boys’ Day – Jungen-Zukunftstag
Elterninformation über den Boy’s Day, bei dem Jungen einen Tag lang beispielsweise einmal Einblick in soziale, erzieherische oder pflegerische Berufsfelder erlangen können, in denen der männliche Anteil bislang unterdurchschnittlich war, Männer aber willkommen sind.