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Online-Tagung 2020: Von Arzt bis Zimmerin - Berufliche Orientierung an Gymnasien

Pandemiebedingt fand die Tagung zum Berufsorientierungsprogramm 2020 online statt. Die Eröffnungsveranstaltung wurde live aus der Berliner Malzfabrik übertragen und konnte auf dieser Website mitverfolgt werden.

Von Arzt bis Zimmerin – Berufliche Orientierung an Gymnasien

Die Online-Tagung des Berufsorientierungsprogramms 2020 umfasst ein Gespräch mit Bundesbildungsministerin Anja Karliczek, ein Schülerinterview, eine Diskussionsrunde, einen Dialog zu einem Modellprojekt sowie einen Vortrag aus Wirtschaftsperspektive.

Bundesbildungsministerin Karliczek eröffnete die erste Online-Tagung des Berufsorientierungsprogramms mit dem Themenschwerpunkt Berufliche Orientierung an Gymnasien. Im Gespräch mit Moderator Helmut Rehmsen hob die Ministerin hervor, dass sich die Gesellschaft und damit das Bildungssystem in einem Transformationsprozess befinde. Berufe wandelten sich und die Unübersichtlichkeit nehme tendenziell zu. Es gebe nicht mehr den einen richtigen Weg. Umso wichtiger sei es für Jugendliche zunächst, sich selbst über die eigenen Stärken und Fähigkeiten klar zu werden. Diese müssten nicht unbedingt mit dem übereinstimmen, was in der Gesellschaft gerade angesagt sei. „Wir müssen viel deutlicher machen, dass wir Freiheit in der Berufswahl haben“. Diese sei die Basis der Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung. Beides verdiene Anerkennung – dazu müsse aber noch am gesellschaftlichen Mindset gearbeitet werden. Mit Blick auf die Modellprojekte zur Beruflichen Orientierung am Gymnasium sagte die Ministerin, dass der Bedarf an Beruflicher Orientierung am Gymnasium hoch sei.

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"Wir möchten, dass die Berufsorientierung in den Gymnasien genauso selbstverständlich wird wie an allen anderen Schulen auch.“

Bundesbildungsministerin Karliczek

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Die Berufswahlentscheidung - keine leichte Aufgabe für Schülerinnen und Schüler am Gymnasium

Dass es keine leichte Aufgabe ist, sich beruflich umfassend zu informieren und dann auch noch zu orientieren, wurde anhand einiger Videointerviews mit Schülerinnen und Schülern der gymnasialen Oberstufe deutlich, die über den Status quo ihrer Entscheidung für eine Ausbildung oder ein Studium berichteten.

Bei der Frage nach der Verantwortung der Gymnasien für die berufliche Orientierung wurde in der anschließenden Gesprächsrunde kontrovers diskutiert.

Svenja Ohlemann von der Technischen Universität Berlin, vertrat die Ansicht, dass Berufliche Orientierung ein sehr individueller Prozess sei, der individuelle Begleitung benötige. Unsicherheit resultiere aus den unendlichen Möglichkeiten. Lerngelegenheiten sollten an diesen individuellen Interessen anknüpfen. Dafür brauche man an den Schulen systematische und langfristige Begleitung. Dagegen sprach sich Gabriela Kasigkeit, Studienrätin und Vertreterin des Deutscher Philologenverbandes, gegen eine Ausweitung der beruflichen Orientierung an Gymnasien aus. Die Vorbereitung auf eine mögliche (duale) Ausbildung sei nicht Aufgabe der Gymnasien. „Wir betreiben Berufsorientierung am Gymnasium. Aber am Ende steht das Studium.“

Modellprojekt vorgestellt

Konkreter wurde die Vorstellung von Beruflicher Orientierung an Gymnasien mit Blick auf ein Modellprojekt, das in diesem Jahr vom BMBF gefördert wurde. Von seinen konzeptionellen Vorüberlegungen und positiven Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit einem benachbarten Gymnasium berichtete David Schwenen, Campus Handwerk aus Lingen. Die Eindrücke der beteiligten Schülerinnen und Schüler wurden durch einen kurzen Filmclip mit Vor-Ort-Interviews sehr anschaulich.

Als letzter Programmpunkt folgte ein Impulsvortrag von Dr. Regina Flake vom Institut der deutschen Wirtschaft, Köln. Dieser vertiefte den Aspekt, dass junge Menschen nur dann eine fundierte Entscheidung für einen künftigen Beruf treffen können, wenn sie allumfassend und entsprechend ihrer Interessen und Fähigkeiten über alle Wahlmöglichkeiten informiert sind. Doch nur 39 Prozent der Schülerinnen und Schüler am Gymnasium fühlen sich gut informiert über mögliche Ausbildungswege. Angebote für leistungsstarke Schüler müssten stärker sichtbar gemacht werden. Häufig sei auch die Aufstiegsfortbildung nicht im Bewusstsein. „Wir müssen alle unterstützen, informierte Entscheidungen zu treffen.“

Die Präsentation von Dr. Regina Flake finden Sie in der Dateiablage der offenen Gruppe "Berufsorientierungsprogramm" bei www.ueberaus.de

Die Foren im Rückblick

Forum 1: Modellprojekte zur beruflichen Orientierung an allgemeinbildenden Gymnasien in der Sekundarstufe I – Status quo

Das erste Forum widmete sich dem Status Quo der Modellprojekte des BMBF zur beruflichen Orientierung an allgemeinbildenden Gymnasien in der Sekundarstufe I (Förderaufruf vom 13.12.2018). Durch die wissenschaftliche Begleitung der Projekte wurden zunächst Zwischenergebnisse vorgestellt. Aufgrund der Corona-Pandemie war der ursprüngliche Bewilligungszeitraum der Projekte vom Schuljahr 2019/20 bis Dezember 2020 verlängert worden. Die Zwischenergebnisse basieren auf einigen Vor-Ort-Besuchen und telefonischen Auswertungsgesprächen mit den Projektleitenden. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass alle geplanten Ansätze funktionieren und es nicht nur eine einzige konzeptionelle Lösung gibt. Die verschiedenen Vor- und Nachteile der Ansätze werden bei einer Abschlussveranstaltung vertieft in den Blick genommen und es wird an Details gearbeitet werden, um so gemeinsam gute konzeptionelle Eckpunkte aus der Praxis - für die Praxis mit Blick die Zusammenarbeit mit Gymnasien im BOP zu entwickeln.
Es folgte ein Ausblick auf die 13 Modellprojekte des zweiten Förderaufrufs vom 21.1.2020, die spätestens bis Ende des Schuljahres 2021/22 umgesetzt werden und von denen sieben erstmalig die Sekundarstufe II konzeptionell einbeziehen. Neben dieser Neuerung gibt es außerdem das „Standortbestimmungsgespräch“, in dem der Bildungsträger in einem 30 bis 60-minütigen, jeweils individuellen Gespräch die teilnehmenden Schülerinnen und Schüler dort abholen soll, wo sie auf ihrem Weg der beruflichen Orientierung stehen und ihnen dabei helfen soll, mit persönlichen Fragestellungen in die Potenzialanalyse und die Werkstatttage zu gehen. Isabell Schuller von der Provadis GmbH wird eines der Modellprojekte umsetzen und stellte ihr Konzept für die Sekundarstufe II vor.

Präsentationen

Die Präsentationen sowie die Ergebnisse einer Abfrage an die Teilnehmenden aus dem Forum können Sie in der Gruppe des Berufsorientierungsprogramms auf überaus herunterladenZur Dateiablage der Gruppe "Berufsorientierungsprogramm"

Forum 2: Methodenwerkstatt: Begleitende Reflexion in Kleingruppen

Die praktischen Erfahrungen im Berufsorientierungsprogramm werden erst durch eine begleitende Reflexion zu einem wichtigen Baustein des Berufsorientierungsprozesses. Im Forum 2 ging es um die begleitende Reflexion in Kleingruppen.

„Was findet aktuell an begleitender Reflexion im BOP statt?“ lautete die erste Frage, zu der gemeinsamen Metaplankartensammlung (digital realisiert über ein interaktives Whiteboard), um zunächst einmal den derzeitigen Stand der Umsetzung vor Ort bei den einzelnen Teilnehmerinnen abzufragen.

In einem kurzen Input (siehe Präsentation) zur Bedeutung von begleitender Reflexion im Berufswahlprozess wurde insbesondere der Mehrwert von reflexiven Einheiten in Kleingruppen hervorgehoben. Neben den Voraussetzungen für eine stärkenorientierte Reflexion in Kleingruppen stand die Auswahl der Reflexionsfragen im Mittelpunkt, die einen zentralen Einfluss auf das Gelingen der Methode hat. Im Anschluss konnten die Teilnehmerinnen bei einem Methoden-Stationenlauf (siehe Präsentation) verschiedene Reflexionsmethoden kennenlernen, die sich besonders gut für die Arbeit mit Schüler-Kleingruppen eignen.

Eingeteilt in (Unter-)Arbeitsgruppen lautete die Aufgabenstellung an die Teilnehmerinnen, einen typischen Tagesablauf (PA oder WT) mit begleitenden Reflexionsphasen zu erarbeiten. Folgende Leitfragen sollten dabei beantwortet werden: Wann findet die Reflexion in Kleingruppen statt? Welche Methode eignet sich? Wie lautet die konkrete Fragestellung? Und wie können die Ergebnisse anschließend dokumentiert werden? Die vorangegangenen Informationen und Methoden sollten dabei in die detaillierte Planung der Reflexionsphasen mit einfließen.

Die in den Arbeitsgruppen erstellten Ergebnisse wurden abschließend anhand der oben genannten Fragestellungen im Plenum vorgestellt.

Präsentationen

Die Präsentationen aus dem Forum können Sie in der Gruppe des Berufsorientierungsprogramms auf überaus herunterladenZur Dateiablage der Gruppe "Berufsorientierungsprogramm"

Forum 3: Die individuenzentrierte pädagogische Haltung

Wird berufliche Orientierung als Teil des persönlichen Entwicklungsprozesses verstanden, dann sollten Jugendliche in diesem Prozess möglichst individuell begleitet und beraten werden. Individuenzentrierte pädagogische Haltung meint folglich nichts anderes, als dass diejenigen, die als Akteure im Berufsorientierungsprozess mit Jugendlichen arbeiten, diesen mit der entsprechenden pädagogischen Haltung begegnen und sie mit ihren jeweils individuellen Hintergründen, Bedürfnissen und Wünschen ins Zentrum der Arbeit stellen.

Um eine solche Haltung einnehmen zu können, ist es zunächst einmal hilfreich zu verstehen, was Jugendlich in der Phase der beruflichen Orientierung beschäftigt, welche Motive handlungsleitend sind und welche Aspekte ausschlaggebend für oder wider bestimmte Entscheidungen sein könnten.

Einen solchen Einblick lieferte Tabea Schlimbach, vom Deutschen Jugend Institut (DJI) in ihrem einführenden Vortrag. Sie zeigte auf, nach welchen Kriterien Jugendliche potenzielle UnterstützerInnen für ihren beruflichen Orientierungsprozess auswählen (Vertrauen, Verfügbarkeit, Kompetenz), welche Aspekte den „Aushandlungsprozess“ mit den Eltern beeinflussen und welche persönlichen Narrative – also Leitmotive - in verschiedenen Phasen der Übergangsbewältigung eine Rolle spielen (u. a. Sinnhaftigkeit, Selbstverwirklichung, Freizeit, Konvinienz).

Zentral für die Frage der pädagogischen Haltung ist die Beschäftigung damit, welche Aspekte Einfluss auf die eigene Haltung haben könnten, sich diese bewusst zu machen und im Beratungsprozess zu berücksichtigen.

Nach einem kurzen einführenden Input leitete Claudia Pusch, selbstständige Trainerin und Systemische Beraterin mit kurzen Übungen in Kleingruppen durch diese Fragestellungen. Ausgangspunkt waren die eigenen Erfahrungen der Teilnehmenden in privaten oder beruflichen Beratungsgesprächen. Die zentrale Botschaft war, dass eine individuenzentrierte pädagogische Haltung - auch in der beruflichen Orientierung - von dem Leitgedanken geprägt sein könnte, dass die Jugendlichen bereits alles mitbringen, um eine individuelle Lösung zu finden und zu entwickeln, lösungsorientierte BeraterInnen diese Ressourcen aktivieren und für die ersten Schritte ermutigen sollten.

Präsentationen

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Forum 4: Modellprojekte zur beruflichen Orientierung an allgemeinbildenden Gymnasien in der Sekundarstufe I – Erfahrungen der Bildungsträger

Während die Teilnehmenden in Forum 1 unter anderem einen allgemeinen Einblick in Zwischenergebnisse zu den Modellprojekten des BMBF zur beruflichen Orientierung an allgemeinbildenden Gymnasien der Sekundarstufe I erhielten, widmete sich Forum 4 konkreten Konzepten. Zwei Bildungsträger, die Konzepte mit allgemeinbildenden Gymnasien nach dem Förderaufruf vom 13.12.2018 umgesetzt hatten, stellten ihre Ansätze vor.
Den Auftakt machte Tom Brüggert vom Bildungszentrum Wismar und fokussierte sich auf das Thema „Gewinnung von Gymnasien“, das für viele Träger nach wie vor eine große Herausforderung ist. Dabei zeigte er vor, wie unterschiedlich die beiden kooperierenden Gymnasien reagiert haben und wie das Bildungszentrum dennoch beide für das Projekt gewinnen konnten. Förderlich waren dafür unter anderem der flexible Zeitrahmen des Förderaufrufs und die praktische Erprobung beruflicher Wege nach Ausbildung und Studium in gleichberechtigter Art und Weise.
Der zweite Vortrag durch Inka Grieser und Thomas Greiner vom ABW Angermünde konzentrierte sich auf die Umsetzung der Werkstatttage. Sie stellten dies anhand des ausgewählten Berufsfeldes Wirtschaft und Verwaltung dar, in dem die Schülerinnen und Schüler in Form einer Gründerwerkstatt nicht-akademische und akademische Tätigkeiten durchliefen. Instrumente zur Umsetzung dieses Aspektes wurden dabei ebenfalls vorgestellt.

Präsentationen

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Forum 5: Kooperationsbeziehungen zwischen Bildungsinstitutionen - Wie gute Zusammenarbeit gelingen kann

Im diesem Forum wurde das BMBF-geförderte Projekt „O ja! Orientierungsjahr Ausbildung und Studium“ vorgestellt. Das Berliner Projekt ist Teil des Verbundprojektes „Verzahnte Orientierungsangebote zur beruflichen und akademischen Ausbildung (VerOnika)“. „O Ja“ ist ein gemeinsames Angebot der Handwerkskammer und der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin. Ein Jahr lang können junge Menschen mit Hochschulzugangsberechtigung Ausbildungsberufe und Studiengänge in den Bereichen Energie, Technik, Digitalisierung und Umwelt kennenlernen und erproben. Sie lernen zukünftige Arbeitsanforderungen kennen und erhalten eine Unterstützung bei der Entscheidung für einen passenden Bildungsweg. Sie sind in diesem Jahr als Studierende in der HTW eingeschrieben und sind somit BAföG-berechtigt.

Franziska Heckel und Helene Markus (HWK Berlin) und Nadine Köcher (HTW Berlin) stellten die Kooperation und Zusammenarbeit der beiden Bildungsinstitutionen vor und erläuterten, wie eine gute Zusammenarbeit gelingen kann. Als wichtige Gelingensfaktoren nannten die Referentinnen eine lange Projektplanungszeit, sowie das Bemühen, gemeinsame Interessen in den Vordergrund zu rücken, wie z. B. die Abbruchquoten zu reduzieren und besser orientierte Anfänger*innen im Studium oder der Ausbildung zu haben. Wichtig sei dabei insbesondere das Arbeiten auf Augenhöhe, das Vermeiden von Konkurrenz und die Gleichwertigkeit beider Verbundpartner. Frau Heckel berichtete, dass es durchaus sein kann, dass die Abläufe in der eigenen Institution kritisch betrachtet und ggf. angepasst werden müssen, damit so ein Projekt umgesetzt werden kann.

Darüber hinaus stellten beide Projektpartner Beratungs- und Reflexionsformate vor, die sie zur Begleitung der Teilnehmenden im Projekt nutzen. Dazu gehörten zum Beispiel „Bildungsgeschichten“, bei denen verschiedene Personen den Teilnehmenden ihren eigenen Berufsorientierungsprozess vorgestellt haben. Im Anschluss konnten die Teilnehmenden darüber reflektieren und sich miteinander austauschen. Die Vortragenden hat das O-Ja Team über das Programm ArbeiterKind.de gewinnen können.

Anschließend konnten die 128 Teilnehmenden des Forums in drei Gruppen den Referentinnen noch einmal Fragen stellen sowie gemeinsam über den Input diskutieren. Thema war dabei zum Beispiel, ob so ein Projekt auch im ländlichen Raum realisierbar wäre. Der Gesprächsbedarf zu dem Thema war unter den Teilnehmenden sehr groß und es konnten nicht alle gestellten Fragen von den Referentinnen innerhalb der Veranstaltungszeit beantwortet werden. Sie stehen für Nachfragen zu dem Projekt weiterhin gerne zur Verfügung. Weitere Informationen und die Kontaktdaten zu dem Projekt finden Sie unter https://www.htw-berlin.de/studium/o-ja-orientierungsjahr-ausbildung-studium/

Präsentationen

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Forum 6 Individualisierung im Rahmen von Standardmaßnahmen

Maßnahmen der beruflichen Orientierung sind dann besonders wirksam, wenn die Schülerinnen und Schüler einen möglichst individuellen Zugang zu den Maßnahmen erkennen, und das Erlebte mit ihrem eigenen BO-Prozess in Verbindung setzen können. Angebote der beruflichen Orientierung werden jedoch in der Regel allen Schülerinnen und Schülern einer Jahrgangsstufe zur gleichen Zeit und in der gleichen Art und Weise angeboten. Dabei sind die einzelnen Jugendlichen zu diesem Zeitpunkt in ganz unterschiedlichen Phasen ihres Orientierungsprozesses. Vor dem Hintergrund solch unterschiedlicher Ausgangslagen wirken Standardangebote der beruflichen Orientierung sehr verschieden.

Ziel des Forums war es daher, Möglichkeiten aufzuzeigen, Angebote möglichst so zu gestalten, dass jede/r Schüler/in einen möglichst individuellen Nutzen daraus ziehen kann.

Prof. Dr. Bärbel Kracke von der Friedrich-Schiller-Universität Jena stellte hierzu zunächst einen für Thüringen entwickelten Fragebogen vor, mit dessen Hilfe Schülerinnen und Schüler in drei unterschiedliche Gruppen unterteilt werden können. Die Gruppen unterscheiden sich im Hinblick darauf, wie die unterschiedlichen Dimensionen der Berufswahlkompetenz bei den jeweiligen Schülerinnen und Schülern ausgeprägt sind. Entsprechend können den unterschiedlichen Gruppen unterschiedliche Maßnahmen angeboten werden, oder zumindest verschiedene Fragestellungen, die mit Blick auf die zu entwickelnde Kompetenz in einer Standardmaßnahme individuell bearbeitet werden sollten.

Wie solche Fragestellungen lauten könnten und welche Methoden es gibt, um Schülerinnen und Schüler zu Beginn einer Maßnahme möglichst individuell auf das Standardangebot einzustimmen, war Thema von Olivia David und Stefanie Lücke. Beide sind Leiterinnen eines Projekts namens „Studienkompass“, das von der Stiftung der Deutschen Wirtschaft gGmbH umgesetzt wird.

Nach einer kurzen Vorstellung des „Studienkompass“ und guten Beispielen aus der Praxis des Programms konnten die Teilnehmenden in Kleingruppenarbeit Erfahrungen austauschen und Fragestellungen erarbeiten, die Schülerinnen und Schüler vor dem Werkstattbesuch am besten motivieren, sich auf eine individuelle Erfahrung einzulassen und in der Auswertung eine individuelle Reflexion der Werkstatterfahrungen ermöglichen.

Präsentationen

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Forum 7 Methodenwerkstatt: Reflexionsgespräche im Dialog

„Gute“ Reflexionsgespräche sind eine wichtige Stellschraube für wirksame Berufsorientierung. Dies ist eine zentrale Erkenntnis beider großen Studien zum Berufsorientierungsprogramm. Doch was macht gute Reflexionsgespräche aus? Am meisten profitieren Jugendliche von Reflexion, wenn sie ihre eigenen Schlussfolgerungen ziehen können. Das setzt voraus, dass ein echter Dialog zwischen dem/der Jugendlichen und der pädagogischen Fachkraft stattfindet. In der Methodenwerkstatt „Reflexionsgespräche im Dialog“ wurde deswegen aufgezeigt, wie wichtig offene Fragen zur Herstellung eines solchen Dialogs sind.

Nach einem kurzen Input zu Qualitätsstandards und zum idealtypischen Ablauf eines Reflexionsgesprächs (siehe Präsentation) stand das praktische Üben von offenen, vertiefenden Fragen im Vordergrund des Workshops. Übungsgegenstand waren tatsächliche Hobbys und Freizeitaktivitäten der Workshopteilnehmer*innen. Die Gruppe wurde dafür in Tandems aufgeteilt: Person A stellte die Hobbys vor und Person B stellte Fragen. Die Kernaufgabe war, durch den Einsatz verschiedener Fragetechniken fachübergreifende Kompetenzen aus den selbst gewählten Freizeitbeschäftigungen abzuleiten. Eine gemeinsame Sammlung von Herausforderungen und Gelingensfaktoren beim Formulieren von Fragen rundete die Methodenwerksatt ab.

Die zentralen Erkenntnisse der Teilnehmenden aus dem Workshop waren:

  • Man verfällt schnell in das Stellen geschlossener Fragen.
  • Neugier, Interesse und Authentizität tragen maßgeblich zum Gelingen des Gesprächs bei.
  • Struktur und Ziel des Gesprächs sollten benannt und nicht aus den Augen verloren werden.
  • Im BOP-Alltag fehlt oft die Zeit für ein richtiges Gespräch.

Präsentation

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Forum 8 Praktische Berufsorientierung in der Sekundarstufe II

Im Forum „Praktische Berufsorientierung in der Sekundarstufe II“ wurden zwei Praxisbeispiele aus NRW vorgestellt, bei denen Schülerinnen und Schüler sich eine Woche lang als Unternehmer*in erproben können. Ziel ist es, sie auf die Karriereoption „Nachwuchsführungskraft für Handwerksunternehmen/KMU“ aufmerksam zu machen.

Zunächst stellte Christian Frey von der Landes-Gewerbeförderungsstelle des nordrhein-westfälischen Handwerks e.V. die Einbettung der Projektworkshops im Rahmen von „Kein Abschluss ohne Anschluss“ vor. Jugendliche werden in den 5-tägigen Projektworkshops in ÜBS der höheren Berufsbildung handlungsorientiert mit technisch-planerischen Führungsaufgaben in KMU vertraut gemacht. Gleichzeitig wird ihnen die Möglichkeit gegeben, sich in der Umsetzung dieser Aufgaben praktisch zu erproben. Die Projektworkshops können von Schüler*innen der Sek II besucht werden, die sich für einen beruflichen Werdegang mit dualer Ausbildung und höherer Berufsbildung und eine Führungsposition in kleinen und mittleren Unternehmen interessieren.

Nils Schraer vom Bildungszentrum der Handwerkskammer Münster berichtete, dass die Teilnehmenden erstmal ein bis zwei Tage benötigen, um vom gewohnten Lernen im Schulunterricht in das eigenständige Erarbeiten von Lösungen zu kommen. Er stellte seinen Projektworkshop aus dem Bereich der Metalltechnik vor: „Ausfall einer Kransteuerung – Unternehmer produzieren ein Ersatzteil unter Einsatz modernster digitaler Technologien“. Dabei besteht die Aufgabe der Schülerinnen und Schüler darin, eine defekte Kransteuerung aus Dubai nach Deutschland zu bringen und diese zu reparieren. Die Teilnehmenden lernen neben dem Arbeiten mit CAD, 3D-Druck und Metallgusstechniken noch Logistik und Kostenkalkulation kennen.

Ivo Domenico Pruscini (SIHK Hagen) stellte im Anschluss den Projektworkshop Elektrotechnik ,,Programmierung und Simulation einer Torsteuerung im virtuellen Testlabor einer Smart-Factory-Projektanlage“ vor.  Die teilnehmenden Schüler*innen lernen theoretische Grundlagen der Elektrotechnik, der Digitaltechnik, der Programmiersprache Simatic Step 7 TIA-Portal sowie einen Überblick über die Funktion Speicher-programmierbarer Steuerungen (SPS). Die Aufgabe bestand darin, ein Rolltor so zu programmieren, dass es über ein Bedientableau auf- bzw. zugefahren werden konnte. Das Fazit der Projektworkshops-Teilnehmenden war, dass sie für das Berufsfeld Elektrotechnik/Steuerungstechnik begeistert werden konnten. Die Gymnasiasten waren sehr interessiert und gaben an, nach Beendigung der schulischen Laufbahn nunmehr auch einen technischen Beruf in Betracht ziehen zu wollen

Und auch eine der 111 Teilnehmenden des Forums der BOP-Tagung 2020 fand die Ausführungen zu den Projektworkshops sehr spannend: „Man sieht an den Beispielen, dass praktische Berufliche Orientierung auch an Gymnasien und sogar in der Sek II funktioniert und sich bewährt hat. Interessant auch, dass die Erwartungen der Jugendlichen oft übertroffen wurden. Das spornt an.“

Präsentationen

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