Zwischen Schreipuppe und Gabelstapler – Eine Sommerreise : Datum: Ort: {0} Ort: NRW
In den Werkstätten des Berufsorientierungsprogramms testen Schülerinnen und Schüler unter Anleitung erfahrener Ausbilder verschiedene Berufsbereiche aus. Der Parlamentarische Staatssekretär im BMBF Thomas Rachel vor Ort.

Eine Sommerreise. Sie führt vorbei an Hebebühnen, Haarwaschbecken, Farbateliers, Nähmaschinen, Pflegezimmern und Großküchen. Jungen und Mädchen hämmern, drucken, verkaufen, verkabeln und bringen Schreipuppen sorgsam zur Ruhe. Thomas Rachel, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung und Mitglied des Bundestages, sammelt Impressionen. Anlässlich von Bescheidübergaben besucht er Träger des Berufsorientierungsprogramms in NRW und nutzt die Gelegenheit, sich ein Bild von den Werkstätten zu machen, in denen Jugendliche verschiedenste Berufsfelder austesten.
Herr PSt Rachel, warum haben Sie sich auf diese Reise gemacht?
Das Berufsorientierungsprogramm wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Auf meinem Schreibtisch liegen Berichte, Statistiken und Evaluationen zum Programm. Damit verbunden sind Maßnahmen vor Ort für die Schülerinnen und Schüler. Ich will mit eigenen Augen sehen und verstehen, was das Programm bei den jungen Menschen bewirkt.
Und wie ist Ihr Eindruck?

Was mir durchgängig auffällt: Das hier ist für die Jugendlichen etwas ganz anderes als die Schulbank zu drücken. Sie krempeln die Ärmel hoch und machen einfach – und das mit Feuereifer. Und sie entdecken dabei völlig neue Möglichkeiten. Es ist nicht selten, dass sie bestimmte Berufsfelder vorher nicht einmal registriert hatten, zum Beispiel Logistik oder der naturwissenschaftliche Bereich.
Und man sieht ganz klar: Die Jugendlichen sind hier in einem geschützten Raum – Fehler sind erlaubt. Anders als in einem Praktikum bei einem echten Betrieb. Trotzdem sind die Jungen und Mädchen in echten Werkstätten mit richtigen Maschinen und professionellen Ausbildern, die ihnen ihr Fach näherbringen. Dadurch fühlen sich die Jugendlichen ernstgenommen, ist mein Eindruck.
Wen haben Sie auf Ihrer Reise getroffen?
Wie gesagt viele Jugendliche und ihre Ausbilder. Außerdem haben die Träger lokale Vertreter eingeladen, von Schulleitern und Lehrkräften über Bürgermeister, Landräte, Stiftungsgründer, Kolleginnen und Kollegen aus dem Parlament bis natürlich hin zur Lokalpresse. Ich freue mich sehr, dass das Berufsorientierungsprogramm so viel öffentliche Aufmerksamkeit erfährt! Das ist auch eine Wertschätzung für die Projektleitenden und die Ausbilderinnen und Ausbilder in den Werkstätten.
Ist das Berufsorientierungsprogramm auch für Flüchtlinge interessant?

Ja, auf jeden Fall. Ich glaube, dass es in den Werkstätten des Berufsorientierungsprogramms nicht so schlimm ist, wenn ein junger Flüchtling die deutsche Sprache noch nicht beherrscht. In der Schule ist das problematischer. Wie gesagt, sind die Werkstätten ein geschützter Raum, in dem die Jugendlichen ihre Talente und Freude an verschiedenen Tätigkeiten austesten. Das gibt ihnen Selbstbestätigung, Ideen und Mut für die Zukunft.
Daher hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung jetzt die Träger des Berufsorientierungsprogramms informiert, dass sie für das Haushaltsjahr 2015 noch nachträglich Mittel anfordern können, um junge Flüchtlinge in die Maßnahmen zu integrieren. Die Gelder stehen bereit und ich hoffe, dass viele Neuankömmlinge in Deutschland davon profitieren werden.
Welches Fazit ziehen Sie aus Ihrer Reise durch die Werkstätten?

Potenzialanalyse und Werkstatttage bzw. Berufsfelderkundungen – das ist wirklich ein lebendiger Einstieg in die Bildungskette. Die Jugendlichen können sich Berufsfelder und Berufe besser vorstellen, das hilft ihnen bei ihrer weiteren Berufsfindung. Das Berufsorientierungsprogramm ist ein sehr wirkungsvoller Bestandteil der bundesweiten Initiative Bildungsketten und der NRW-Initiative „Kein Abschluss ohne Anschluss“.
Wir haben mit dem Programm etwas geschaffen, mit dem die Jugendlichen wirklich etwas anfangen können. Ich hatte die Gelegenheit, mit einigen von ihnen zu sprechen. „Keine Ahnung, was ich mal machen will‘“, hat mir ein Junge gesagt, „daher probiere ich hier einfach mal ein bisschen rum.“ Andere hatten schon Ideen, wie zum Beispiel Kindergärtner, Lehrer oder Bankkaufmann. Eine Schülerin sagte „Ich werde Politikerin!“.
Und konnten Sie ihr ein paar Tipps geben?
(Lacht) Ein Kollege von mir hat ihr ein Praktikum angeboten und im nächsten Jahr wird sie durchstarten.